igentlich sollte ich ein Mädchen sein. Den Wunsch meiner Eltern als zweites Kind mit weiblichem Geschlecht auf die Welt zu kommen erfüllte ich nicht. Diesen Fauxpas musste ich von meiner Oma öfters hören. „Eigentlich sollscht du ä Mädel soi, um doiner Mutter im Haus zu helfe“. Irgendwie hat mich dieser psychologische Druck bis hin zur Berufswahl begleitet. Früh war für mich klar: Ich werde mal Koch, dann kann ich meiner Mutter helfen! Als dann die Zeit der Bewerbungen in verschiedenen Betrieben anstand mußte ich dreimal von verschiedenen Küchenchefs hören, dass es doch besser wäre, zuerst eine Ausbildung als Metzger zu machen. Diese Empfehlungen konnte ich gar nicht für Gut heißen. Schon als neunjähriger Junge mußte ich täglich unsere Kühe und Kälber füttern. Da war schon eine gewisse Tierliebe vorhanden. Nein, Metzger wirst du keiner. Bis ich Dieter fragte. Dieter war ein Grundschulfreund. Gemeinsam wurden wir eingeschult, konfirmiert und dann haben wir auch noch gemeinsam den gleichen Beruf bei gleichem Chef gelernt. Der Dieter erzählte mir von „Todversand“ in seinem Ausbildungsbetrieb. Schon 1978 vom Zahn der Zeit erfasst, verarbeitete die Metzgerei Schreiner in Harthausen frisch geschlachtete Schweinehälften. Bei einem Probearbeiten während der Osterferien konnte mich der „junge“ Chef Roland Schreiner für diesen Beruf begeistern. „Wir machen auch Partyservice“ waren seine Werbesprüche. Da wußte Weingarten noch gar nicht, was eine richtige Party eigentlich ist.
Ruckzuck verging die Zeit und nach zweieinhalb Jahren war sich mein Meister sicher, dass Erich zur Gesellenprüfung angemeldet werden muß. Erfolgreich bestand ich in dem uralten Schlachthof in Kaiserslautern meine Fertigkeitsprüfung „Schlachten eines Schweines“. Die mithelfenden Schlachthofmitarbeiter schüttelten verzweifelt die Köpfe und meinten: „Ei die kännen jonetmol ä Sau spalte“. Manche Ohren waren nämlich nur auf einer Seite. Trotzdem wurde die Prüfung erfolgreich abgeschlossen. Von der Lyoner bis zur Lewwerworscht. Den Gesellenbrief hatte ich in der Tasche. Voller Stolz kaufte ich mir dann von meinem ersten Gesellenlohn (898 DM) einen Receiver von Kenwood, (2×100 Watt). Nur hatte ich noch ein kleines Problem. Die Lautsprecher fehlten. Genau 898 DM war der Kaufpreis. So arbeitete ich eifrig dem nächsten Monatsgehalt zu und gönnte mir dann nochmals für das gleiche Geld zwei Lautsprecherboxen. Beides wird heute noch von mir gepflegt und abgestaubt.
Im beruflichen Werdegang folgte dann die Ausbildung zum Koch in Mannheim. 1. September 1981 – Es war ein Montag, unser „Wingerter Kerwemontag“. Meine Oma flehte mir morgens noch zu: „ Du armer Bu, jetzt muscht du noch soweit in die große Stadt Mannem fahre. Verfahr dich net, mer brauchen dich heit owend“.
Der Rosengarten in Mannheim öffnete mir als stolzer Junge eines Bauern- u. Wirtshauses den Horizont. Es gab außer dem Mannemer Maimarkt auch noch was anneres. Fast täglich fanden über die Herbst- u. Winterzeit Konzerte mit weltberühmten Künstlern statt. Fasziniert war ich von dieser neuen Welt ab der ersten Stunde. Innerhalb der zwei folgenden Ausbildungsjahre hatte ich das Glück, Großveranstaltungen wie aber auch beim Staatsempfang für den damaligen Bundespräsidenten Karl Carstens tatkräftig und unterstützend tätig gewesen zu sein. Es war eine sehr, sehr schöne Zeit. Fast jeden Tag Party. Aber leider war ich immer auf der anderen Seite. Wir dienen um zu verdienen, waren die Worte von unserem Küchenchef Bernd Reinhold. Dieser Spruch hat sich in mir weiter vollzogen. Meinem beruflichen Werdegang folgte dann die Wehrpflicht, Meisterprüfung als Fleischer. Die Welt stand für uns offen.
Bis sich dann wieder der Kreis mit meiner Oma (geb. 1902) schloss. Grund dafür war die unerwartete Erkrankung meines Vaters wegen einem Schlaganfall im Jahre 1985. Omas Worte lauteten: „Du kannscht doch jetzt net doi Mutter allä losse. Du muscht dobleiwe und helfe“.
Dies war dann der Schritt zur Selbstständigkeit. Anfang Januar 1986 meldete ich beim Ordnungsamt mein Gewerbe an. Rosenmontag war der Tag der Baustelleneröffnung die dann bis zum 26. April 1986 andauerte. Zwei berühmte Wörter können in Wikipedia mit dem 26. April 86 eingetragen werden: Eröffnung des Restaurants „Zum Postillion und das unangenehme: „Tschernobyl“. Am Tag von Tschernobyl empfingen wir die ersten Gäste in unserem schön renovierten Restaurant. Viele Gäste kamen und mancher Gast kam nicht mehr, weil Tischdecken aufgelegt waren. „Do fühlen mer uns net wohl“. Zehn erfolgreiche Jahre folgten bis dann eine innerbetriebliche Umstrukurierung kam. Der Partyservice war geboren. „Von der Kindtaufe bis zum Leichenschmauß, wir richten jede Party aus“ sollte mein erster Werbespruch werden. Es wurde mir aber davon abgeraten. Es folgte lediglich die Eintragung beim Patentamt „Lass mal cooken“ als registriertes Warenzeichen.
Alle aktuellen Betriebskonzepte basieren auf den beruflichen Erfahrungen der Vorzeit. Die Groovenight mit exzellenten Musikbands im Garten erinnert an die tollen Konzerte im Rosengarten. Die mit „Gold“ prämierte Lewwerworscht an die gute Ausbildung beim Metzger Schreiner. Mit Natur und Umwelt schonend umzugehen lebte mir mein Großvater (geb. 1894) vor: „Alles was du nicht verbrauchst, brauchst du vorher nicht zu verdienen“. „Energie“ war für mich das Stichwort, aus Sonnenkraft elektrischen Strom erzeugen zu lassen, mit Kraft-Wärmekopplung die eingesetzte Energie optimal auszunutzen um Wärme und Strom zu erzeugen. Wärmedämmung am Hause Postillion wurde nur mit der Verwendung nachwachsender Rohstoffe wie z. B. Holzmehlplatten ausgeführt. Wenn´s beim Postillion brennt, dann brennt es richtig (und schmilzt nicht davon).